"Ich bin einfach phantastisch"

By Jürgen Steinhoff

Rocky, March 16 1978


Seit 14 Jahren ist er auf der Szene. Ohne Abnutzungserscheinungen. Frank Zappa – schon zu Lebenszeiten eine Legende, in einem Interview mit ROCKY verriet er das Geheimnis seines Erfolges.

Rocky: Für manche sicher unverständlich, aber trotzdem eine nicht von der Hand zu weisende Tatsache. Auch 1978 ist Frank Zappa angesagt wie eh und je. Wie erklärst du dir deine anhaltende Popularität?

FZ: Ich glaube, dass meine Popularität zwar anhaltend, anderseits aber auch von Jahr zu Jahr unterschiedlich groß ist.

Rocky: Aber deine Fans lieben dich wie eh und je.

FZ: Dazu haben sie auch allen Grund. Schließlich bin ich phantastisch.

Rocky: Gewinnst du noch immer neue Fans dazu?

FZ: Aber klar. Ich seh' ja in meinen Konzerten, dass auch ständig eine Menge Jungvolk kommt. Diese Leute können ja kaum meine Urfans sein, denn immerhin bin ich ja inzwischen auch schon 14 Jahre dabei.

Rocky: Und das englische Publikum? Du bist ja gerade in London gewesen.

FZ: Das Alter der Leute dort war schwer bestimmbar. Ich hatte das Gefühl, dass die meisten von ihnen "Zombies" (Leute, die noch leben, obwohl sie eigentlich schon tot sind (d. Red.) waren.

Rocky: Du bist nicht nur Songschreiber, Gitarrist und Bandleader, sondern auch ein exzellenter Filmemacher. Dein Film "200 Motels" wird nicht nur von Zappa-Fans geschätzt. Ich höre, du hast mittlerweile schon wieder einen neuen Streifen gedreht.

FZ: Der Film wird "Baby Snakes" (Schlangenbaby) heißen. Ich hoffe, dass er irgendwann in diesem Sommer fertig sein wird.

Rocky: Du sollst einmal gesagt haben, dass deutsche Journalisten dazu neigen, einen Rock-Musiker eher wissenschaftlich in seine Bestandteile zu zerlegen, statt sich ... dem von ihm ausgehenden Unterhaltungseffekt auseinanderzusetzen?

FZ: Das mit den deutschen Journalisten stimmt nicht so ganz. Ich habe mal irgendwann gesagt, dass sie einem zuerst immer danach fragen, wieviel man verdient und was man mit seinem Geld macht.

Rocky: Und wie ist das nun mit dem Unterhaltungseffekt?

FZ: Nun, ich glaube, dass größte Problem ist, dass die Leute Rock'n'Roll zu ernst nehmen. Außerdem fallen sie viel zu leicht auf die Plattenindustrie rein, die ihnen in großformatigen Anzeigen in den Musikzeitschriften etwas vorgaukelt, was in Wirklichkeit nicht vorhanden ist. Bevor sie irgendwo vielleicht eine kritische Abhandlung über 'ne neue Platte oder 'nen neuen Künstler lesen, haben sie vorher schon mal die zwangsläufig unkritische Anzeigen-Lobeshymne konsumiert, und das verkleistert ihnen ganz schön Augen und Ohren. Tatsache ist doch, dass nun mal nicht jede Minute eine neue Supergruppe entsteht, obwohl die Plattenindustrie das oft sagt.

Rocky: Fühlst du dich von den Medien eher unverstanden als verstanden?

FZ: Ich weiß nicht. Das einzige, was mich manchmal ärgert, ist, das man automatisch mehr oder weniger vor den Karren der jeweiligen Publikation, der man ein Interview gibt, gespannt wird, und ihr damit am Ende hilft, sich zu verkaufen. Dabei scheren sich die Jungs im Grunde genommen doch einen Dreck um mich oder meine Musik, sondern sie benutzen mich lediglich als eine Art Vehikel für ihre eigene Verkaufsstrategie.

Rocky: Deine Begleitgruppe heißt nicht mehr "Mothers of Invention". Stattdessen "firmiert" ihr jetzt nur noch als Frank Zappa. Soll man daraus mehr herauslesen als nur die bloße Namensänderung?

FZ: Hört sich das, was wir heute machen, denn noch wie die "Mothers of Invention" an?

Rocky: Eigentlich nicht.

FZ: Warum sollte die Gruppe dann noch so heißen. Es reicht doch, wenn sie "Zappa" heißt.

Rocky: Wenn deine Musiker damit einverstanden sind, dürfte das wohl in Ordnung sein.

FZ: Ich erwarte nicht, dass sie sich darüber Gedanken machen. Ich schreib' ihnen statt dessen lieber ihren Scheck.

Rocky: Was hältst du von der derzeitigen musikalischen Entwicklung? Bist du auf deine Weise nicht irgendwo auch ein Punk-Rocker?

FZ: Wohl kaum. Im Gegensatz zu mir verstehen die meisten von ihnen nämlich nicht allzuviel von Musik. Siehst du außerdem irgendwelche Sicherheitsnadeln an mir?

Rocky: Ich glaube, du bist wirklich ein Phänomen. Vielleicht sogar ein verkanntes Genie?

FZ: Stimmt. Ich bin schon zu Lebzeiten meine eigene Legende geworden. Vielleicht setzt man mir eines Tages noch ein Denkmal. Besonders die Deutschen sind darin ja große Meister.

Rocky: Eine letzte Frage noch. Von wem glaubst du musikalisch beeinflusst zu sein?

FZ: Auf dem Cover meiner letzten [ersten] LP befindet sich eine Liste mit Namen von 156 Personen, die mich beeinflusst haben.

Read by OCR software. If you spot errors, let me know afka (at) afka.net