Frank Zappa

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Spotlight, April 26, 1978


Zu Frank Zappa fällt einem alles und jedes ein. Attribute, böse und liebenswürdige Äußerungen (eher selten), bizarres Aussehen, und tausend andere Dinge mehr. Der Exzentriker, Egozentriker, Besessener des Rock ‘n‘ Roll, die lebende Legende, der die Mütter der Erfindung ins Leben rief und mit ihnen gleichsam die Keimzelle zu den unterschiedlichsten Rockrichtungen und Spielarten schuf. Blickt man heute auf die Mothers of Invention zurück, so kann man schwerlich auf einen Blick überschauen, wie viele Talente erst durch seine Hand gegangen sind, durch ihn berühmt wurden. Denn Zappe ist in Musikerkreisen der Entdecker und Förderer junger Talente, von denen man aber immer höchste Leistung erwartete. Und Zappa ist auch da wieder Vorbild, kaum ein anderer Bandleader verlangt von seinen Musikern so viel Können, musikalische Weiterentwicklung und kreatives Denken wie Zappa. Aber es heißt auch, kaum ein anderer beute seine Musiker so aus wie Zappa und Captain Beefheart. In aller schillernden Vielfalt seines Images, über seine Motivationen hat Zappa nie Zweifel gelassen: “I‘m in Rock ‘n‘ Roll to make money!“ Als ich mit Zappa ein Interview machte, geriet es zu einem Frage- und Anwortspiel stakkatohaften Charakters. Möglicherweise muß man ihn sehr gut kennen, bevor man ausführlichere Antworten bekommt, möglicherweise aber auch sind seine Antworten so vom Intellekt bestimmt, und daher so kurz und abgerissen, damit Zappa auch nach einem langen oder längeren Interview dem Interviewer gegenüber ein Rätsel bleibt.

Wo schlug die Geburtsstunde der Mothers of Invention?

“In einem Club in Panoma [Pomona]. Der Club hieß Broadside!“

Bist Du einfach eines Morgens aufgewacht mit Name und Idee der Mothers?

“Ich dachte, es sei ein guter Name!“

Mit diesem Namen, wolltest Du damit auch ein Zeichen setzen für die damalige Jugend Amerikas?

“Es gab keine spezifische Jugend Amerikas, zumindest keine kulturelle. Die Kultur der Jugend Amerikas begann, als sich die Madison Avenue ihrer annahm und sie werbemäßig ausschlachtete.“(Madison Avenue – die Hochburg der Werbung. Die New Yorker Straße, in der nahezu alle berühmten Werbeagenturen ihren Sitz haben, die Red.)

Die Acid Rock Szenerie der sechziger Jahre hat auch Dich an die Oberfläche gespült. Wie siehst Du Deine Rolle in dieser Zeit? Was denkst Du über Deine Bedeutung, Deine philosophische Bedeutung in dieser kulturellen Richtung, die doch wesentlich Einfluß auf unser Leben hatte?

“Ich habe darüber gelacht!“

So gabst Du dieser Zeit keine Bedeutung, Du denkst, sie hat nichts Wichtiges erreicht, diese Zeit und ihre Atmosphäre?

“Ich habe noch nie etwas von Hippies gehalten.“

Und Du warst also auch kein Hippie, damals?

“Nein!“

Was ist denn für Dich ein Hippie?

“Ein Hippie ist jemand, der sich ein Lederband um die Stirne knüpft, so oft als möglich stoned ist, sich so kleidet wie sein Nachbar in der Szene. Die Leute sahen damals so uniformiert aus, wie Diener in ihrer Kluft.“

Und diese Uniform mißfällt Dir?

“Ich glaube, es mag gut sein für diese Leute, wenn sie es lieben, sich ähnlich zu sein wie ein Ei dem anderen. Für mich jedenfalls liegt nichts Gutes darin.“

Du sagtest, Du hättest über die Szenerie der sechziger Jahre gelacht. War Deine damalige Musik musikalisches Gelächter?

“Vielleicht, möglicherweise!“

War in diesem Lachen auch Zorn, etwa wie in dem Song “Who are the brain police?“

“Nicht mehr als gewöhnlich!“

Und wieviel ist gewöhnlich?

“Nun, die Songs sind immer ziemlich direkt eine Aussage über meine momentane eigene Persönlichkeit, was ich empfinde und denke.“

Dennoch, diese Drogenszene kann nicht spurlos an Dir vorübergegangen sein. Wie hat sich diese Szene auf Dich bemerkbar gemacht?

“Ich habe eine Menge Leute rausgeschmissen, die sich selbst in Flammen gesetzt haben; die sich selbst mit diesen Drogen ausbrannten!“

Liegt darin der Grund, für die stetigen Wechsel in der Besetzung der Mothers of Invention?

“Nein!“

Worin liegt der Grund?

“Einfach, Wechsel ist Leben, und Leben heißt wechseln, sich verändern, Dinge zu ändern!“

Es ist also ein Wachstumsprozeß?

“Ja, das ist richtig.“

Siehst Du Dich heute als einen Kulturhelden, vielleicht als einen Anti- Pop-Helden?

“Ich bin kein Popstar, ich bin eine Legende!“

Aber als Du ein Popstar warst.

“Ich war niemals ein Popstar. Popstars sind trickreich, clever und tragen feine Klamotten!“

Als was würdest Du Dich denn selbst einordnen?

“Ich bin und war Musiker!“

Nicht mehr und nicht weniger?

‘‘Richtig!“

Siehst Du in Dir selbst, so wie es viele Leute in Deiner Musik sehen, eine Verbindung von Rock ‘n‘ Roll und Jazz? Bist Du auf einer Marschrichtung die Dich näher an den Jazz führt?

“Unsinn!“

Du bleibst also im Rock ‘n‘ Roll?

“Ich liebe Rock ‘n‘ Roll und Jazz mag ich nicht!“

Glaubst Du, es ist der beste Weg, wenn man sich selbst in Worten verdeutlicht, es mit Rock ‘n‘ Roll Musik zu verdeutlichen?

“Ich habe noch nie ein Jazzlied gehört, in dem der Text gut war!“

Was war der letzte Jazzsong, den Du hörtest und dabei auf den Text achtetest

“Ab und an, immer. Aber ich meine, wenn Du was zu sagen hast,wenn Dein Text eine Botschaft, eine Bedeutung hat, dann ist Rock ‘n‘ Roll das einzige richtige Medium.“

Was hältst Du vom Punk Rock?

“Ich denke, das wird die größte Sensation für Rock ‘n‘ Roll Journalisten!“

Das ist es doch jetzt schon!

“Nein, noch nicht. Noch hat diese Welle nicht ihren Höhepunkt überschritten. “Time“ und “Newsweek“ haben noch keine Titelstory über den Punk Rock gemacht, noch ist der Name des ... wie heißt er noch, nicht auf ihren Titelseiten abgedruckt worden!“

Johnny Rotten

“Nein, ich meine den, den man vor einiger Zeit als den neuen Bob Dylan in den Himmel lobte.“

Nicht Iggy Pop?

“Nein.“

Richard Hell?

“Mein Gott, es gibt so viele von ihnen ich meine den von New Jersey.“

Springsteen.

“Also hast Du schon von Springsteen gehört?“

Aber denkst Du wirklich Springsteen gehört noch zu dem, was man als Punk Rock Bewegung kennzeichnet?

“Was ich sage, ist, er reitet auf der gleichen Welle und er trifft beide Seiten des Marktes, wenn er von Magazinen und Zeitungen jeglicher Coleur herausgestellt wird, und alle Journalisten sagen oder schreiben “Eh, das ist der Mann!“ Dabei ist es alles nur aufgeblasenes Geschrei, nur Hype. Und dann bezeichnen sie es als Punk und wieder rennen eine Menge Leute hin und schreien und schreiben, wie gut der Punk doch ist. Leider kann man wirklich sagen, sind die meisten der heutigen Rockkritiker und Rockjournalisten noch in Babyschuhen herumgelaufen, als der Rock sich aufmachte, die Welt zu erobern, und auch die sechziger Jahre haben sie zumeist noch in den Kinderschuhen steckend mitbekommen. Wären sie damals schon dagewesen, sie wüßten es besser, sie wüßten, daß das, was sie heute als Punk bezeichnen, damals schon existierte und besser war.“

Warum hast Du gerade jetzt ein Set aus vier Alben zusammengestellt, das Du nun für 80,- DM verkaufen willst?

“Der Hauptgrund liegt darin, daß ich glaube, daß eine einzige LP mit 18 Minuten Musik auf jeder Seite zu wenig Möglichkeiten bietet, sich wirklich gut in die Musik hineinzudenken. Allerdings wird dieses Paket von einer einzelnen LP begleitet, so als Hinführung sozusagen.“

Denkst Du, daß sich die einzelne LP besser verkauft als das Set?

“Die LP ist für die Leute bestimmt, die sich das Set nicht leisten können, und das Set ist für die Leute bestimmt, die sich stärker für meine Musik interessieren, als daß sie mit einer LP zufrieden sind. Auf den vier Platten des Sets habe ich alles untergebracht, vom Jazz über den Punk-Rock bis hin zur orchestralen Musik, Country & Western oder Gitarrenmaterial.“

Soll dieses 4-fach Album ein Statement über die Zeit Deiner Musik und die kulturelle Entwicklung Amerikas in dieser Zeit sein?

‘‘Nein. Es ist einfach das Resultat der Arbeit, die ich in diesen verschiedenen Musikspielarten tätigte. Wenn heute Leute über mich schreiben und das gilt für fast alle Magazine, dann schreiben sie nur über meine gerade letzte Tätigkeit und mein neuestes Album. Aber auf einem einzigen Album sieht man zu wenig, kann man zu wenig klar machen. Vielleicht, wenn ich nur 2-3 Minuten lange Songs schreiben würde, könnte ich ein breiteres Spektrum meiner Arbeit auch auf einer LP aufzeigen, aber da meine Songs 8 und 12 Minuten lang sind, reicht ein Album einfach nicht aus.“

Hast Du auf diesen vier plus einem Album auch Songs eingespielt, die möglicherweise Hitparadencharakter haben, also fürs Radio gedacht sind?

“Nun, da gibt es ein Lied, welches wohl Erfolg haben könnte, denn es ist komplett idiotisch und außerdem noch sehr kurz.“

Ist es wahr, daß Du keine Antwort zu Wild Man Fischer geben willst?

“Nein, Ich gebe zu allen Fragen eine Antwort. Wild Man Fischer, so weit ich weiß, rennt immer noch durch die Straßen in Los Angeles und hat ein Album unter seinen Arm geklemmt!“

Was macht er denn, was hat er vor?

“Keine Ahnung. Ich habe ihn schon drei Jahre nicht mehr gesehen.“

Was hat er gemacht, als Du ihn zum letzten Mal sahst?

“Er lief auf der Straße herum und hatte ein Album unter seinem Arm!“

Weißt Du, welches Album es war?

“Sein eigenes Album!“

Findest Du Punk-Rock eigentlich gut, oder nur schlecht, oder gibt es gute Sachen darunter?

“Einige von den Liedern, die Blondie macht, mag ich.“

Welche besonders?

“Sex Offender!“

Und Du, versuchst Du nun mit Deinen neuen Aktivitäten Dir ein ganz spezielles Publikum zu schaffen?

“Weil, ich kann mein Publikum nicht schneidern wie einen Maßanzug. Du weißt niemals vorher, was passiert, oder passieren wird, wenn Du auf die Bühnenbretter kletterst. Besonders in New York ist es unvorhersehbar. Dort habe ich ein Publikum von 15 jährigen Kids bis hin zu 50 jährigen gesitteten Gentlemens and Ladies!“

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