Zappas Größtes Ding!
By Rennbahn Express
Am 13. Juni dreht Frank Zappa sein größtes Ding. Hunderte Musikjournalisten aus aller Welt (sogar aus Amerika) werden sich an diesem Tag in die Wiener Stadthalle begeben, um das Enfant terrible der Rockmusik als Maestro eines Symphonieorchesters zu erleben. Noch nie hat bisher ein Rock-Musiker den tiefen Graben zwischen Unterhaltungs- und ernster Musik übersprungen. Frank Zappa steigt in Wien auf's Trampolin. Manche erwarten bei seiner Avantgarde-Symphonie einen Absturz – die meisten glauben an einen Triumph!
Die Töne, die Frank Zappa derzeit in Amerika spuckt, werden die Wiener Symphoniker nicht sehr begeistern: „Zunächst einmal sind Musiker ein notorisch undisziplinierter Haufen“, verkündete er dort in einem Interview. Und: „Die meisten sind unheimlich faul, dumm und habgierig!“ Und: „Es ist noch kein Musiker geboren worden, der nicht den Komponisten haßte!“
Frank Zappa ist also auf's Argste gefaßt, wenn er Anfang Juni in Wien-Schwechat aus seinem Privatflugzeug steigen wird, um in Wien – wie er vor einem Jahr großspurig gesagt hat – „sein Lebenswerk zu vollenden“!
In knapp zwei Wochen will er mit den Wiener Symphonikern drei symphonische Eigenkompositionen erarbeiten, die Zappa-Fans gleichermaßen wie Opern-Adabeis verblüffen sollen: die Noten, die Zappa nach Wien mitbringt, haben mit Rockmusik nichts mehr zu tun – da schon viel eher mit experimentellen Tonspielereien, Avantgardemusik oder mit 12-Ton-Werken.
108 Orchestermusiker stehen Instrument bei Fuß, um die Uraufführung des Zappa-Opus in der Wiener Stadthalle zu einem Erfolg werden zu lassen.
Sieben Millionen Schilling hat der Spaß gekostet, die Stadthalle hat für ihre große Halle zusätzlich eine Klassikbeschalung um einige Millionen angeschafft, die dem Ganzen ein besonders festliches Gepräge geben soll. Und Frank Zappa, der Rock-Freak aus Hollywood, überlegt derzeit allen Ernstes, ob er sein obligates T-Shirt gegen Frack und Mascherl austauschen soll, um die besondere Bedeutung des Abends hervorzuheben. „Seit Jahren träumt der Bursche davon, endlich einmal den Beethoven darstellen zu können“, sagt sein Freund und Konzert-Organisator Edek Bartz, der dieses sensationelle Wien-Gastspiel bereits vor eineinhalb Jahren eingefädelt hat.
Eineinhalb Stunden soll die Zappa-Symphonie am 13. Juni in der Stadthalle dauern – insgesamt drei klassische Stücke des Maestros werden dabei zur Aufführung gelangen. „Außer den Titeln des Werkes, die mir etwas kurios vorkommen, ist alles klar“, sagt der Dirigent des Abends, der bekannte Wiener Avantgarde- Komponist Friedrich Cerha, „die Musiker freuen sich bereits auf den Auftritt!“
Daß ihnen diese Freude bald vergehen wird, prophezeit ihnen ein Mann, der's wissen sollte – der Wiener Zappa-Genosse Peter Wolf: „Der Frank wird die Symphoniker so herschlauchen, daß denen Hören und Sehen vergeht!“, prophezeit Wolf, der seit gut zwei Jahren bei Zappa die Keyboards bedient. Und „Proben bei Zappa sind die Hölle – wenn der die Wiener Konzertmusiker sieht, wird er Schreikrämpfe kriegen. Und alle 108 Mann liegen auf der Pappen ...“
Wolf selbst würde fast „eine Kiste Wein darauf wetten“, daß das Konzert nur unter schwierigsten Umständen oder garnicht über die Bühne gehen wird. „Der Zappa“, macht er den Wiener Musikern vorzeitig großes Selbstvertrauen, „hat in Los Angeles drei Monate mit den dortigen Philharmonikern für ein ähnliches Stück geprobt – und ist bei den Proben ausgeflippt. Er hat noch Wochen später getobt, wie beschissen und miserabel Orchester war. Die Wahrheit ist, daß seine Stücke rhythmisch derartig schwer sind, daß man sie kaum spielen kann – die werden sich in Wien noch anschaun!“
Daß „Herrn Zappas Rhythmen etwas verzwickt sind“, gibt auch Friedrich Cerha zu. Cerha, der zahlreiche große Avantgarde-Konzerte dirigiert hat, sieht aber sonst keine Probleme: „Die Partitur ist klar und interessant – ich wüßte nicht, worüber wir uns streiten sollten!“
„Daß uns der Zappa Zores macht“, schließt schließlich auch Konzertmanager Joachim Lieben aus, „schließlich stehen immerhin sieben Millionen Schilling am Spiel!“ Weil die Kosten der Zappa-Uraufführung von Tag zu Tag höher wurden (der Meister kommt jetzt mit vier Musikern der „Mothers“ und 25 Technikern, Roadies und Betreuern – ein Probetag der Symphoniker kostet gleichzeitig pro Stunde 60.000 Schilling), stand das Konzert bis zur letzten Minute in Frage.
Jetzt wird es dafür eine Totalshow: Zappa kommt mit einem mobilen Studio, das seine Symphonie live für eine LP mitschneiden wird; ein Fernsehteam (eventuell sogar des ORF) wird die gesamte Aufführung für eine weltweite Ausstrahlung mitschneiden; und Zappa selbst wird schließlich die Konzertaufnahme eigens für Ö-3 mixen – die Ausstrahlung dieser Konzertsensation soll im Radio noch vor dem Sommer erfolgen.
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