Frank Zappa "Civilization, Phase III"

By Steve Lake

Rolling Stone Germany, January 1995


CIVILIZTION, PHAZE III
Frank Zappa
Musik For Nations/RTD 211.6065.2

Eine neue Folge der Frank-Zappa-Story, in der der „present-day composer“ uns auch aus dem Jenseits mit ebenso irritierenden wie stimulierenden Werken verfolgt. Damals, als die Mothers Of Invention noch für „Verve“ aufnahmen (man stelle sich vor!), also etwa 1967, zur Zeit von „Lumpy Gravy“ und „Uncle Meat“, hängte Frank Zappa zwei Mikros in einen Flügel, warf eine Gardine darüber und lud alle Umstehenden ein, den Kopf in dieses improvisierte Zelt zu stecken und loszulappern. Wer da „Warum?“ fragt, ist selbst schuld.

Zappa war immer eine Art Sozio-Anthropologe, der die (oft drogenumnebelten) Äußerungen seiner Zeitgenossen fasziniert, aber mit Distanz observierte. Seine Arbeit war aber auch zum großen Teil eine persönliche Antwort auf die experimentelle Musik seit Schönberg, und 1967 hat Zappa wahrscheinlich über die Sprechimprovisationen in Mauricio Kagels Werken und über John Cages „Folkways“-Aufnahme „Indeterminacy“ nachgedacht – und seine eigenen, anarchistischen Versionen dieser innovativen Projekte entwickelt. Aus dem Gemurmel kristallisiert sich so etwas wie eine Handlung: Alles, was von unserer Zivilisation übriggeblieben ist, ist eine Handvoll Freaks, die in einem Klavier hausen und Zappas spontane Durchsagen über die Studiosprechanlage als göttliche Weissagungen interpretieren. (Auf Parallelen zur sogenannten realen Welt und religiösem Fundamentalismus braucht man den Leser nicht hinzuweisen.)

1991 sicherte Zappa dieses Material, ergänzte es durch eine neue Generation von „Piano-Stimmen“, zerhackte alles in kleine Teile und verband diese durch kurze Kompositionen, in denen vor allem „Jazz From Hell“-Sounds vorgeführt werden – die abgehackten und unnatürlich perfekten Synclavier-Phrasen, die Zappa so liebte (gegen Ende seines Lebens behauptete er mitunter, Machinen seien Musikern vorzuziehen) –, aber auch das Ensemble Modern, das auf „The Yellow Shark“ so beeindruckend agierte. Zappa unterschied selten zwischen „Kunst“ und „Unterhaltung“, was jedoch nicht bedeutet, daß dem Hörer diese Kategorien verwehrt sind.

Die zwei Stunden „Civilization, Phaze III“ enthalten eine Reihe interessanter musikalischer Episoden (die meisten von ihnen widmen sich vorrangig der Erforschung von Klangfarben), wenige (sehr wenige) amüsante Dialoge und eine Menge albernes Zeug, das man nicht zweimal hören möchte. Projekte dieser Art werden in den kommenden Jahren noch häufig aus den Zappa-Archiven auftauchen.

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