Frank Zappa

By Alan Bangs

Musik Express Sounds, November 1984


Eigentlich hatte er ja von Europa die Schnauze voll. Gerade in Deutschland, so knurrte er nach seiner letzten Tournee, wolle man ihn auf die Rolle des Bürgerschrecks und politischen Sprücheklopfers reduzieren. Eine Gebetsmühle für verkalkte Polit-Freaks aber will er mit seinen 44 Jahren nicht mehr sein. Sagt er. Aber wenn er dann den Mund aufmacht, ist er doch wieder der alte Revoluzzer Frank. Alan Bangs traf den Meister des Rundumschlags zum Beginn seiner Tournee in Brüssel.

ME/Sounds: Gibt es eigentlich Rockbands, über die du herzhaft lachen kannst?

Zappa: "Es gibt viele Bands, über die ich herzhaft lachen muß, aber nicht, weil sie lustig oder amüsant, sondern weil sie schlichtweg lächerlich sind!"

ME/Sounds: Hältst du die musikalische Großwetterlage denn für so trist und aussichtslos?

Zappa: "Nun – die meisten Musiker nehmen sich unglaublich ernst, allerdings weniger in musikalischer, sondern mehr in modischer Hinsicht. Je extremer die Kleider und die Frisuren, desto wichtiger und zentraler wird die Idee des Video-Merchandising für die Popmusik. Keiner hört dem anderen mehr wirklich zu; jeder ist vollauf damit beschäftigt, unbeholfenen Figuren bei ihren pantomimischen Ubungen zuzusehen."

ME/Sounds: Ist Humor – will man es richtig machen – eine ernste Angelegenheit?

Zappa: "So habe ich das nie gesehen. Humor soll einen zum Lachen bringen. Wenn man allerdings über etwas lacht, das ursprünglich nicht humorvoll gemeint war, dann befindet man sich hart am Rande der Grausamkeit."

ME/Sounds: Neigst du nicht dazu, deine Ideen und Erfahrungen eher in spöttischer, humorvoller als seriöser Weise umzusetzen?

Zappa: "Man muß nicht unbedingt seriöse, blauäugige Texte schreiben, um als Mensch gelten zu dürfen. Obwohl man gerade in der Presse diese Haltung gerne zu vertreten scheint. Es heißt: 'Nur wer sich und seine Sache total ernst nimmt, ist ein wahrer Künstler.' Ehrlich gesagt, kümmert mich das einen Scheißdreck! Die meisten Dinge, die in meinem Leben passieren, sind witzig. Und wenn ich dann über Dinge schreibe, die mir relevant erscheinen, dann tue ich das in der gleichen Art, wie ich sie empfinde – humorvoll, witzig."

ME/Sounds: Humoristen – ob Musiker, Schriftsteller oder Schauspieler – haben schon immer oft depressive Züge besessen; einige Komödianten begingen gar Selbstmord. Hast du da jemals Ambitionen verspürt?

Zappa: "Ich sehe mich nicht als depressive Person – und das einzige Mal, wo ich ernsthaft über Selbstmord nachgedacht habe, war zu der Zeit, als ich todkrank war. Mein einziger Gedanke bestand darin, auf die schnellste und einfachste Art meine Schmerzen loszuwerden. Ich denke, das ist ein akzeptabler Grund, um Selbstmord zu begehen. Menschen, die jemals große Schmerzen hatten, würden mir da sicher zustimmen. Aber sich umbringen, weil man das Leben für ein Trauerspiel und die Welt für ein Jammertal hält – nein, das ist nicht mein Stil."

ME/Sounds: Wie wichtig ist deine Arbeit für dich?

Zappa: "Wie wichtig?? Es ist das, was ich tue!"

ME/Sounds: Arbeitest du zunächst einmal für dich selbst?

Zappa: "Ja. Das habe ich schon immer getan. Jeder, der meine Musik mag, hat – zum Glück oder Unglück – einen ähnlichen Geschmack wie ich, denn in erster Linie arbeite ich nur, um mich selbst zu amüsieren. Ich mache keinerlei Versuch, anderen meinen Geschmack aufzuzwingen."

ME/Sounds: Apropos Zwang. Glaubst du, daß heute der durchschnittliche Hörer eher zum Konformismus erzogen wird als – sagen wir – vor 15 oder 20 Jahren?

Zappa: "Was man heute hört, ist keine Musik, sondern Produkt. Der Begriff 'Musik' ist eine sehr ungenaue Bezeichnung, denn nur weil man Gesang und Instrumente hört, verdient dieses Etwas noch lange nicht den Namen Musik. Was man heute vorgesetzt bekommt, dient dem Kommerz, dient den Bilanzen der Plattenindustrie oder einem Manager, der sagte: 'Tu dies – und schon wird es verkauft.' Alles, was ich im Fernsehen sehe, sind Leute, denen man anmerkt, daß sie etwas verkaufen, für das sie niemals geradestehen würden."

ME/Sounds: Glaubst du denn, daß man Musik immer eine solche Bedeutung beimessen muß? Es gibt doch viele Leute, die hören Popmusik nur zum Vergnügen.

Zappa: "Ich will ja auch niemandem das Recht absprechen, sich so zu unterhalten, wie er es für richtig hält, aber wenn du über Musik reden möchtest... Musik ist eine Kunstform – und was heute in Vinyl gepreßt wird, ist Produkt. Und das hat mit Musik, wie ich sie verstehe, nur noch sehr wenig zu tun. Dafür um so mehr mit sozialer Steuerung, mit Werbung, mit Statistiken, mit dem errechneten Durchschnittsgeschmack und der Erhaltung des Status quo um jeden Preis. Das hasse ich!

Dennoch – wenn Person XY beim Autofahren einen banalen Schlager hören will, einen Rhythmus, zu dem er mit dem Fuß wippen kann, dann sollte man ihm keinen Stein in den Weg legen. Aber man sollte dieses Phänomen doch bitte schön als das erkennen, was es ist – Makulatur!"

ME/Sounds: Du hast gerade von Rhythmus gesprochen. Ich hatte immer den Eindruck, daß man zu deinen Songs nur schwer tanzen kann. Um genau zu sein: Songs, zu denen man überhaupt nicht tanzen kann.

Zappa: "Nein, das ist nicht wahr. Zu meiner Musik kannst du ohne weiteres tanzen, wenn du die nötige Begabung mitbringst. All das, was heute unter Tanzmusik firmiert, könnte man ebensogut als Marschmusik verkaufen. Abgesehen vom Breakdance und jenen Spielarten, für die man wirklich körperlich trainiert sein muß, unterscheidet sich diese Musik nicht von den üblichen Märschen. Insofern glaube ich, daß man zu allem, was ich geschrieben habe, auch tanzen kann."

ME/Sounds: Welche Art von Musik hörst du dir selbst an?

Zappa: "Ich habe nicht viel Zeit, um Musik zu hören; auf Tourneen habe ich immer Cassetten dabei. Momentan höre ich Lauten-Musik, klassische Gitarrenmusik, zeitgenössische Streicher-Quartette. Radio-Futter interessiert mich nicht."

ME/Sounds: Glaubst du, daß deine Abneigung gegen dieses Radio-Futter etwas mit deinem Alter zu tun hat?

Zappa: "Nein, wieso? Selbst ganz junge Leute können logisch denken, auch wenn sie das meist nicht tun. In Amerika gibt es zwei Dinge, die den Unmut der Bevölkerung herausfordern: einmal Logik und zum anderen Persönlichkeit und Größe. Amerikaner tun alles, um mit keinem dieser Phänomene in Berührung zu kommen. Amerikaner haben Angst vor Größe. In den USA fördert man die Durchschnittlichkeit, denn solange der Durchschnitt regiert, ist jeder okay. Größe bedeutet, daß irgend etwas oder irgend jemand überdurchschnittlich ist. Amerikaner aber wollen nur gute Jungs, gute Mädels, gute Menschen sein. Das mag überzogen klingen, aber es ist so."

ME/Sounds: Findest du eigentlich nichts Gutes an Amerika?

Zappa: "Es ist das beste Land in puncto individuellem Komfort. Man kann dort ganz gut leben. Ein Land mit riesigem Potential in vielerlei Hinsicht. Unglücklicherweise wird es von einer Handvoll übler Gesellen regiert. Also kaum ein Unterschied zum Rest der Welt, die von einem Spinngewebe multinationaler Kooperationen überzogen ist.

Diese Konzerne sind die wirklichen Herrscher. Und in gewisser Hinsicht unterstützt Popmusik diese multinationalen Konzerne dabei, den IQ-Level so niedrig wie möglich zu halten. Denn nur Dummheit macht Menschen leichtgläubig und empfänglich für Manipulation. Es geht nicht um Erhöhung des Lebensstandards, um Erhöhung des Bruttosozialproduktes, es geht um gefügige Arbeitskraft, um Arbeitskraft, die für den Reichtum einiger weniger schuftet. Man hat viel Cleverness darauf verwendet, ganze Völker dumm und arbeitswillig zu halten- und dabei immer auch die Medien eingespannt."

ME/Sounds: Also eine ausweglose Situation: eine Gesellschaft, die selbst Bestrebungen, die gegen sie gerichtet sind, sofort einverleibt.

Zappa: "Nein, es gibt Dinge, die das System niemals akzeptiert, weil sie eine ständige Bedrohung darstellen: individuelle Logik z.B. Es ist so wie in dem alten Märchen von des Kaisers neuen Kleidern: Man kann einen multinationalen Konzern nicht störungsfrei führen, wenn jeder weiß, daß der Kaiser gerade splitterfasernackt die Straße runtermarschiert.

Die Dinge, die heute im Namen multinationaler Konzerne getan werden, könnten nicht geschehen, wenn die Völker sich weigerten, an des Kaisers Garderobe zu glauben. Und diese Weigerung wäre eine akute Gefahr für die Gesellschaft. Und darum sollen die Menschen nie erfahren, wie wirklich die Zusammenhänge liegen."

ME/Sounds: Unterm Strich – schaust du optimistisch oder pessimistisch nach vorn?

Zappa: "Realistisch! Den 'Point Of No Return' haben wir überschritten. Ein Zurück gibt es nicht mehr. Eine Verbesserung der Lebensqualität durch die Kunst zu erwarten, halte ich nicht für vernünftig. Es wird keine Verbesserung geben. Es ist zu spät."

ME/Sounds: Welche Zukunftsaussichten hat denn die Kunst in diesem Szenario?

Zappa: "Mit Ausnahme der Poesie, die man mit einem Stück Papier und einem zerkauten Bleistift festhalten kann, haben alle Kreativ-Bereiche ein Problem: die Kosten. Werkzeuge, Instrumente, Materialien – all das kostet enorm viel Geld; und die Kostenexplosion geht weiter. Während man die Dinge des alltäglichen, konformen Lebens sofort und überall bekommt, wird es zusehends schwieriger, die Mittel für experimentelle Projekte aufzutreiben. Wenn man bereit ist, Songs zu schreiben, die klingen wie alle anderen, wenn man aussieht wie alle anderen, wenn man sich normal verhält, dann kann man 30 Millionen Platten verkaufen. Denn man überlebt nur solange, wie man sich anpaßt.

Aber sobald man gewagte Projekte in Angriff nimmt, werden die Mittel gestrichen. Der Zugang zu den vorhandenen Geldfonds wird kontrolliert von Komitees und Anwälten, die in diesem multinationalen Monopoly mitspielen. Dagegen kann man nichts ausrichten."

ME/Sounds: Technologie scheint in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle zu spielen. Glaubst du, daß die Medien – bewußt oder unbewußt- den Menschen überfüttern, um ihn von sich selbst abzulenken?

Zappa: "Das Üble am Fernsehen ist meiner Ansicht nach, daß man dir in den Nachrichten einen zerschossenen Menschen vorsetzt und direkt hinterher in der Werbung ein Seifenpulver – in derselben Farbe, mit der gleichen Intensität, der gleichen Lautstärke und der gleichen Wertigkeit, mit der vorher das Massaker geschildert wurde.

Über längere Zeiträume hinweg wird das den Zuschauerdesensitivieren: Der kaputtgeschossene Mensch ist genauso wichtig wie das Seifenpulver. Will sagen: Fernsehen und Radio geben dir kein wirkliches Spektrum dessen, was in der Welt passiert. Die Diskrepanz zwischen dem wirklichen Ereignis und dem Kreislauf, der das Ereignis reproduziert, schlägt sich in deiner Erfahrung unweigerlich nieder.

Die Fünfziger kommen zurück, die Sechziger und die Siebziger – die Spanne zwischen Ereignis und nostalgischer Ereignisverwertung wird immer kürzer. In der Zukunft wird es irgendwann einmal unmöglich sein, einen Schritt in die Zukunft zu tun, weil man vor lauter Nostalgie gerade noch dem letzten Schritt nachtrauert. Einige Leute haben mit diesem Nostalgie-Syndrom einen Haufen Geld gemacht; denn selbst das, was als moderne Musik apostrophiert wird, besteht zum Großteil aus altbekannten Harmonien und 'boy meets girl'-Texten. Das einzige, was neu ist, sind die Synthesizer und vielleicht die Kleider der Musiker. Aber selbst die stammen oft aus Großmutters Zeit. Ich weigere mich dennoch zu glauben, daß es unmöglich ist, etwas Neues zu kreieren. Ich glaube höchstens, daß es unmöglich ist, etwas Neues durchzusetzen."

ME/Sounds: Warum?

Zappa: "Ganz einfach deshalb, weil die Plattenfirma sich gewöhnlich weigert, in Neues zu investieren- und der Durchschnittshörer auch viel lieber auf Altes in neuer Verpackung zurückgreift.

Dahinter steckt die Buchhalter-Mentalität mit ihrer finanziellen Vorsicht: Investiere niemals in etwas Neues. Die Regel lautet: Als dieses Produkt zuerst herauskam, verkaufte es soundso viel. Wenn wir es mit kleinen Änderungen noch mal veröffentlichen, verkauft es etwa soundso viel. Also: auf den Markt damit."

ME/Sounds: Wie hast du seinerzeit eigentlich auf Punk und New Wave reagiert?

Zappa: "Genau wie ich heute auch noch reagiere: Wenn einer glaubt, das konsumieren zu müssen, soll er, aber auch dies war nur ein Rückgriff auf die Sechziger."

ME/Sounds: Aber für einen 16jährigen war New Wave doch wirklich etwas Neues, oder nicht?

Zappa: "Sicher, aber doch nur, weil ihm die Perspektive fehlte. Sie müssen darauf gefaßt sein, daß jemand kommt und sagt: 'Wer immer euch einredet, das sei brandneu, lügt.

Als die Stones seinerzeit Slim Harpo-Songs nachspielten, war ich auch irgendwie sauer, denn ich hatte all die Originalplatten schon zu meiner Highschool-Zeit. Aber irgend jemand werden die Stones-Versionen wohl glücklich gemacht haben."

ME/Sounds: Apropos Blues. Hörst du noch immer solche Platten?

Zappa: "Oh, ja. Zur Zeit habe ich eine Howlin' Wolf-Cassette dabei."

ME/Sounds: Ist es nicht bedauerlich, daß diese Musik völlig aus dem öffentlichen Bewußtsein verdrängt wurde?

Zappa: "Sicher, aber der durchschnittliche Teenager ist wohl nicht darauf vorbereitet, urwüchsigen Blues zu hören, denn der sagt etwas, was mit seinem Lebensgefühl in keinem Zusammenhang steht. Blues spricht nicht von netten Boys und Girls und Kleidern, sondern vom Ficken und vom Tod und anderen Themen, die ans Mark gehen.

Also nichts für Leute, die zwei Stunden pro Tag an ihren Haaren zupfen, joggen, Diät halten und das tun, womit sich moderne Individuen sonst noch amüsieren. Für diese Leute sind Blues-Themen viel zu real. Sie wollen betrogen werden, sie wollen schönen Schein, sie wollen Träume kaufen. Je mehr die Musik sie glauben macht, sie seien Teil dieses Traumes, um so erfolgreicher der Interpret."

ME/Sounds: Braucht es denn andererseits Leiden in diesem altertümlichen Sinne, um wirklich Musik und Kunst machen zu können?

Zappa: "Nein, das glaube ich nicht. Um reale Musik zu machen, braucht es nur reale Menschen. Wenn sie ein Ausdruck der Persönlichkeit ist, dann wird sie echt. Davon gibt es in der populären Kultur allerdings sehr wenig. Die meisten Musiker leben heute in Boutiquen und besuchen das Studio auf dem Weg zum Frisör. Das sind die Achtziger! In den USA glauben sie, das sei cool.

Und der Präsident und der Kongreß bestärken sie in der Annahme, es sei gut, den Körper zu stählen, zu joggen und Diät zu halten. Spätestens wenn die Wehrpflicht wieder eingeführt wird, werden sie kapieren, daß sie nur billige Rekruten in einem paramilitärischen Planspiel waren. Aber wenn zur regulären Uniform ein JoggingAnzug und Tennis-Schuhe gehören, wird es vielleicht schon bald Freiwillige geben."

ME/Sounds: Das klingt wie – in diesem Zusammenhang ein seltsames Wort – gesunder Zynismus?

Zappa: "Wer in den Staaten lebt, braucht davon auch eine gehörige Portion. Sportler, vor allem Läufer, werden dort in einem Maße glorifiziert, daß es schon verdächtig ist. Und all die Parolen: Tief durchatmen, mit dem Rauchen aufhören, die Beinmuskulatur aufbauen, klettern, laufen, springendas ist Grundausbildungs-Jargon."

ME/Sounds: Wie hast du denn die Olympischen Spiele erlebt?

Zappa: "Das perfekte Ereignis in der perfekten Stadt. Für diese Olympiade der Gier gab es keinen besseren Austragungsort. Vor allem die Abschlußfeier mit der fliegenden Untertasse war die reine Scheußlichkeit."

ME/Sounds: Was bedeutet dir Europa?

Zappa: "Europas größtes Problem war, ist und wird sein, daß auf so kleiner Fläche so viele kriegerische Völker zusammengepfercht sind. Hier haßt jeder jeden. Weder guter Wille noch Logik wird die Völker Europas einen. Die Vereinigten Staaten sind riesig, aber trotzdem eine Nation. Die Leute aus Vermont hassen die aus New Mexico nicht. Hier jedoch wäre es einigen recht, wenn die Nachbarn komplett von der Landkarte verschwänden."

ME/Sounds: Was hat dich zuletzt verärgert?

Zappa: "Wenn ich mit Leuten arbeite, die mich nachher nicht bezahlen, dann kann ich ungemütlich werden. Was mich daran besonders ärgert, sind die zeitraubenden Rechtsstreitereien. Ich prozessiere ja mit fast allen Plattenfirmen, bei denen ich warund es macht mich verrückt, wenn ich jahrelang auf mein Geld warten muß."

ME/Sounds: Ist es schwierig für die Musiker in deiner Band, deinen hohen Erwartungen zu entsprechen?

Zappa: "Ich verlange nicht, daß sie mit mir, sondern daß sie mit sich selbst mithalten. Wenn sie gut genug sind, den Job zu kriegen, sollten sie auch gut genug sein, ihn zu behalten. Es ist eine Sache, am ersten Tag zu glänzen- und eine andere, sich ständig zu verbessern. Wenn ein Musiker sich langsam entwickelt, hält er damit die ganze Band auf. Das geht nicht, dafür ist das Geschäft zu hart. Wenn man diese Leute gehen läßt, tut man ihnen einen Gefallen. Gerade hatten wir so einen Fall. Ich diskutiere das dann mit den anderen. Wenn sie glauben, die Lücken füllen zu können, okay. Wenn nicht, muß ein Neuer her."

ME/Sounds: Hast du manchmal Zweifel, ob deine Entscheidungen richtig sind?

Zappa: "Selten. Denn bevor ich entscheide, prüfe ich die Situation eingehend. Spontane Entscheidungen aus heiterem Himmel sind nicht meine Sache. Wenn ich unpopuläre Maßnahmen ergreifen muß, dann weiß ich meist im voraus, daß sie unpopulär sind.

Ich habe Bands gesehen, die sich durch den sogenannten demokratischen Prozeß selbst lahmgelegt haben. Gruppen wie Blood, Sweat & Tears – ich glaube, das waren 12 Mann – haben allen Ernstes über jedes Kinkerlitzchen abgestimmt. Meistens ging es dann darum, welches Hotel gebucht wird."

ME/Sounds: Bist du selbstkritisch?

Zappa: "Sicher. Selbstkritik ist notwendig, damit man sich verbessern kann. Wie jeder andere Mensch bin auch ich daran interessiert, meine Fähigkeiten weiterzuentwickeln."

ME/Sounds: Wenn du private Probleme hast, an wen wendest du dich dann? Freunde?

Zappa: "Ich habe überhaupt keine Freunde und bedauere das auch nicht. Wenn irgend etwas schiefläuft, muß ich das selbst lösen. Dinge, die mich verwirren, können auch von keiner dritten Person gelöst werden."

ME/Sounds: Was ist mit Frauen?

Zappa: "Was soll mit ihnen sein?"

ME/Sounds: Können sie nicht helfen?

Zappa: "Hm, wollen mal sehen. Ich habe da gleich ein paar Antworten auf Lager. Zum Beispiel diese: Letzte Nacht spielten wir in Sarragotta Springs (New York) bei einem Open-air-Konzert. Gegen Ende des Auftritts gab man mir einen Zettel, auf dem stand: 'Mr. Zappa, ihre Musik ist fantastisch, aber ihre Einstellung gegenüber Frauen stinkt.'

Während der Zugabe antwortete ich von der Bühne und sagte: 'Es gibt nur eine wichtige Frauen-Bewegung – und die sieht so aus: Arschbacken raus, Hände ans Bett· gestell, Augäpfel zurückgerollt, quietsehend! Für diese Frauen-Bewegung habe ich vollstes Verständnis.

Und für die unter euch, die den Unterschied nicht kennen: Die weibliche Spezies kennt drei Ausformungen: Das Mädchen – es träumt davon, von einem Jungen auf den Mund geküßt zu werden. Die Lady – sie glaubt, daß jeder Mann ihr den Arsch küssen muß. Die Frau – sie liebt es, wenn ein Mann ihre Muschi küßt.'

Das Publikum applaudierte, wir spielten 'Camarillo Brillo' – und das war's. Manchmal finde ich Frauen faszinierend – aber das ist die Ausnahme. Und ich benutze auch keinen braunen Lippenstift."

Alan Bangs

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